Bonner Querschnitte 14/2020 Ausgabe 632

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Interview mit Professor Hans-Georg Wünch zu seinem neuen Lehrbuch des Hebräischen

(Bonn, 02.03.2020) Hebräische Lehrbücher und Grammatiken für das Theologiestudium gibt es schon seit der Reformationszeit. Was ist das Besondere an Ihrem Lehrbuch?

Cover Hebräisch-LehrbuchEs ist ein Lehrbuch mit sehr verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten, das in jahrelangem Unterricht erprobt ist. Es ist für den normalen Unterricht geeignet; man kann es aber auch selbst durcharbeiten, da vor allem Bibeltexte übersetzt werden und Selbstprüfungsaufgaben dabei sind. Die Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) hat es auch als Fernkurs zugelassen. Gerade entwickeln wir am Theologischen Seminar Rheinland (TSR) dazu jetzt noch einen Onlinekurs.

Was sagen Sie Theologiestudierenden, die Hebräischkenntnisse heutzutage für überflüssig halten und meinen, Hebräisch sei für Evangelisation und soziales Engagement ohne Bedeutung?

Das Alte Testament macht zwei Drittel dessen aus, was wir als „Wort Gottes“ bezeichnen – die Kenntnis dieses Textes in seiner Ursprache ist also schon enorm wichtig, auch für die apologetische Auseinandersetzung mit anderen Weltanschauungen, Religionen und Philosophien. 

Können Sie ein, zwei Beispiele nennen, wie man den christlichen Glauben besser versteht, wenn man den hebräischen Text benutzen kann?

Zum Beispiel sagt Exodus 20,5: „Denn ich der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen.“ Nicht wenige Christen glauben, dass hier steht, dass Gott die Kinder für die Schuld ihrer Eltern bestraft. Aber im Hebräischen steht die Formulierung „derer, die mich hassen“ ganz am Ende des Verses. Sie muss sich daher auf die Väter und die Kinder zugleich beziehen, besagt also nicht, dass die Kinder für ihre Väter büßen, sondern dass durch das schlechte Beispiel der Väter auch deren Kinder oft schuldig werden.

Oder: Das hebräische Wort „schalom“ wird oft mit „Frieden“ übersetzt. Im Hebräischen meint die Wurzel dieses Wortes aber eigentlich „ersetzen, vergelten“. „Schalom“ heißt also, dass alles ersetzt wurde, was fehlte, und alles vergolten wurde, was falsch gelaufen war. Das bedeutet dann oft auch „Frieden“, aber nicht ein passives Zudecken von Unfrieden, sondern einen Zustand, in dem die Beziehungen zwischen Menschen heil und ganz geworden sind. Das ist doch inhaltlich viel tiefergehend.

Wie ist Ihre Liebe zur hebräischen Sprache entstanden?

Ungewollt. Ich bekam vor vielen Jahren eine Stelle als Dozent am Theologischen Seminar Rheinland (TSR) angeboten, die den Schwerpunkt Altes Testament und Bibelhebräisch hatte. Ich nahm an und wurde (begeisterter) Alttestamentler mit großer Liebe zum Hebräischen. Zufall? Ich glaube, Gott hatte hier seine Finger im Spiel.

Was ist für Sie ein besonderes Highlight bei Ihrer Dozententätigkeit?

Wenn Ehemalige, die sich im Studium mit Hebräisch schwergetan haben, mir später erzählen, dass sie sich weiter mit dem hebräischen Bibeltext beschäftigen und sie daraus geistliche Erkenntnisse und Hilfe für ihren Dienst schöpfen. So etwas zu hören, ist für mich die schönste Belohnung meiner Arbeit.

Über den Autor

Foto Hans-Georg WünchProf. Dr. Hans-Georg Wünch ist verheiratet mit Bettina Wünch. Sie haben zwei Kinder und mittlerweile fünf Enkelkinder. Prof. Wünch unterrichtet seit 1989 am Theologischen Seminar Rheinland im Fachbereich Altes Testament (TSR), wo er auch Studienleiter ist. Außerdem ist er Lehrbeauftragter für Biblisches Hebräisch an der Theologischen Hochschule Ewersbach und Prof. extraordinarius am Department for Biblical and Ancient Studies der University of South Africa (UNISA). Kontaktadresse: Prof. Dr. Hans-Georg Wünch, E-Mail: hans-georg.wuench@tsr.de.

Das Theologische Seminar Rheinland (TSR) ist eine überkonfessionelle theologische Ausbildungsstätte. Sie bietet ein ein-, zwei- und vierjähriges Programm an und ist über die ECTE (European Council for Theological Education) akkreditiert. Das zweijährige und das vierjährige Programm sind BAFöG-gefördert. Durch zahlreiche Kooperationen (ETF in Leuven, Belgien; Tyndale Theological Seminary in Amsterdam, Niederlande; University of South Africa in Pretoria, Südafrika; Baptist Theological Seminary in Johannesburg, Südafrika) gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, nach der Ausbildung zu einem auch in Deutschland anerkannten BTh oder MTh zu kommen bzw. auch zu promovieren.


Bibliografische Angaben:

  • Hans-Georg Wünch. Einführung ins Bibelhebräische. Ein Lehrbuch. Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn, 2019. ISBN: 978-3-86269-178-4. 330 S. 26,00 Euro.

Downloads und Links:

  • Cover (jpg)
  • Buchrückseite (jpg)
  • Buchumschlag (pdf)
  • Foto: Hans-Georg Wünch © privat

Dokumente

BQ0632.pdf