Bonner Querschnitte 12/2009 Ausgabe 96
ZurückBundeswehr braucht Ethiker!
Protestantischer Ethiker fordert Kollegen zur Unterstützung der Bundeswehr bei ihrem Konzept der âInneren Führungâ auf
(Bonn, 24.04.2009) Der in Bonn lebende evangelische Ethiker Thomas Schirrmacher hat Ethiker und Sozialethiker aufgefordert, die Bundeswehr verstärkt in ihrem Bemühen um ethische Ausbildung zu unterstützen und zu begleiten. Es sei gute bundesrepublikanische Tradition, dass die Parlamentsarmee im ständigen Dialog mit der Zivilgesellschaft stehe, wozu auch christliche wie nichtchristliche Ethiker gehörten.
Schirrmacher sprach im Rahmen einer âSicherheitspolitischen Expertenrundeâ zur âUmsetzung der ethischen Aus- und Weiterbildungâ, die in der Akademie der Bundeswehr für Information und Kommunikation im brandenburgischen Strausberg stattfand.
Schirrmacher warf manchen seiner Kollegen vor, sich zu wenig mit ethischen Fragen innerhalb einer Armee und für eine Armee im Einsatz zu beschäftigen. Es sei natürlich politisch korrekter, sich allgemein mit Friedensethik zu beschäftigen. Aber erst im Alltag der Bundeswehr und auf ihren Auslandseinsätzen entscheide sich, inwieweit sich unsere Demokratie von Staaten unterscheide, die das Militär einfach zur Durchsetzung politischer Ziele einsetzten.
Auch eine demokratische Parlamentsarmee beginne mit einem der gröÃten ethischen Dilemmata, die es gebe, an dem sich viele nicht die Hände schmutzig machen wollten, Theologen wie Politiker gleichermaÃen. Der Schutz des Lebens und das Tötungsverbot sei einer der höchsten Werte, den unsere Verfassung kenne und den (fast) alle Bürger instinktiv teilten. Da es aber Menschen â Staaten ebenso wie Bürgerkriegsarmeen und Terroristen â auf der Erde gäbe, die bereit seien zu töten oder schon töteten, müsse zum Schutz vor ihnen jemand bereit sein, potentiell sein Leben zu riskieren oder nötigenfalls sogar das Leben der Angreifer zu beenden. Ohne dieses Dilemma benötige man keine Armee und eine Armee komme nur dort zum Einsatz, wo die Bedrohung des Lebens real sei â sonst würde etwa das Rote Kreuz in Afghanistan ausreichen.
Das Gewaltmonopol des Staates, so Schirrmacher, erlaube nur diesem, rechtmäÃig eine Armee zu unterhalten. Diese könne jedoch von den vielen menschenrechtsverachtenden und kriegsfördernden Armeen der Geschichte und Gegenwart nur unterschieden werden, wenn politisch, aber auch in der innermilitärischen Ausrichtung und Struktur die Ausrichtung auf Menschenrechtsschutz und Friedensziel gewährleistet sei.
Ethiker â christliche wie andere â dürften nach Meinung von Schirrmacher die Bundeswehr in der ethischen Diskussion ebenso wenig im Regen stehen lassen, wie Politiker, die gerne hochgefährliche Einsätze als Friedensmissionen oder humanitäre Einsätze tarnten, um gegenüber der Ãffentlichkeit den Schein wahren zu können, sie seien nicht an einem Krieg beteiligt.
Die Bundeswehr habe in der Theorie mit ihrem Konzept der âInneren Führungâ, gerade erneut bestätigt durch die ihre Zentrale Dienstvorschrift 10/01, weltweit die besten Voraussetzungen, nur müssten die hochgesteckten Ziele auch im Detail durchdacht, vermittelt und umgesetzt werden.
Auf der Sicherpolitischen Expertenrunde sprach neben Schirrmacher als militärischer Vertreter Dr. Edwin Micewski vom österreichischen Bundesheer, der sowohl an der österreichischen Militärakademie als auch an Hochschulen in den USA Ethik lehrt. Obwohl er im Gegensatz zu Schirrmacher nicht auf die christliche Ethik zurückgriff, sondern auf eine Pflichtethik in der Tradition Kants, kam er bezüglich des Ausgangsdilemmas einer Armee zum selben Ergebnis. Auch er forderte, dieses Problem nicht schön zu reden, sondern den Soldaten und Offizieren bei seiner Bewältigung alle Unterstützung zuteil werden zu lassen.
Schirrmacher wird am 3.6.2009 erneut bei dem internationalen âGlobal Media Forum 2009â der Deutschen Welle in Bonn zusammen mit einem Vertreter der Bundeswehr über das Verhältnis von Bundeswehr und Zivilgesellschaft diskutieren.
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- Bild: Prof. Schirrmacher und Dr. Micewski in der Akademie der Bundeswehr in Strausberg