Bonner Querschnitte 2/2006 Ausgabe 17

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Von Gottes Gnade und des Menschen Elend

Neuausgabe der Querschnittssammlung von Adolph Zahn erschienen

(Bonn, 17. März 2006) – In Bonn ist Anfang des Jahres die lang erwartete Neuausgabe der Querschnittssammlung aus den Schriften Adolph Zahns (1834-1900) erschienen. Das Buch ist das Ergebnis langjähriger Quellenstudien des Herausgebers Wolf Christian Jaeschke. Der umfangreiche Band gilt bereits jetzt als Klassiker der reformatorischen Literatur. Neben den sorgfältig ausgewählten Texten, die sonst nur schwer zugänglich und verstreut zu finden sind, helfen Einleitungen, Kommentare und Anhänge, Zahns Schaffen und die grundlegenden theologischen Fragen, die er diskutiert, besser zu verstehen. So gelingt es auch dem Nichttheologen eine Brücke von den Schätzen des 19. Jahrhunderts in die Gegenwart zu schlagen. Der Verlag verspricht sich von dem Band auch eine intensivere Beschäftigung evangelikaler Kreise mit ihrem reformatorischen Erbe.

Dr. Bernhard Kaiser schreibt zu „Von Gottes Gnaden und des Menschen Elend“‚in „Bekennende Kirche“:

„Lange muß man suchen, bis man in der Theologenwelt des neunzehnten Jahrhunderts mit ihrem Fortschrittsoptimismus und ihren Illusionen vom Menschen einen Mann des biblischen Realismus findet. Wolf-Christian Jaeschke, der Leiter der Navigatoren-Arbeit in Deutschland, ist fündig geworden und hat uns Adolph Zahn vorgestellt. Dafür ein herzliches Dankeschön vorab.

Biblischer Realismus ist das Markenzeichen der Theologie, die in diesem Buch präsentiert wird. Adolph Zahn (1834-1900) war Pfarrer in Halle, Wuppertal und Stuttgart, ein Kämpfer für die Wahrheit und Irrtumslosigkeit der Schrift und gegen die Bibelkritik, ein Vetter von Theodor Zahn und Adolf Schlatter. Er lebte und wirkte in einer Zeit, in der der Heils- und Heiligungsoptimismus und die Illusionen vom neuen, wiedergeborenen Menschen der frommen und ansonsten bibelgläubigen Welt in den Kopf stiegen. Realismus dagegen heißt, daß Zahn in großer Klarheit vom vollbrachten, stellvertretenden Heil in Christus sprach, jener geistlichen Realität, die für uns nicht sichtbar ist, aber die doch so wirklich und wahr ist, wie Christus gestorben, auferstanden und in den Himmel aufgefahren ist. Ebenso realistisch beschreibt er das Elend des Menschen – auch das des Christen. Jene Illusionen vom neuen Menschen, die vor wenigen Jahren zur Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre geführt haben, werden in diesem Buch gründlich zerstört. Sein Wort ist darum so frappierend, so überaus unkonventionell für neupietistische Ohren, daß sich so mancher evangelikale Christ bei der Lektüre provoziert fühlt. Hier wird Christus verherrlicht: Sein Sühnetod, sein stellvertretendes Opfer, die Rechtfertigung und Heiligung in Christus und immer wieder der Glaube allein als die Weise, auf die der Christ an Christus teilbekommt – das sind die zentralen Themen. Daneben finden sich Aufsätze zu einem breiten Spektrum aus Kirchengeschichte und Dogmatik, die allesamt zur Schrift weisen.

Das Buch ist im besten Sinne des Wortes reformatorisch. Zahn war Kohlbrügge-Schüler und reformierter Theologe, aber was in diesem Buch zu lesen ist, wird auch der Lutheraner mit großem Wohlgefallen lesen. Das Buch, das an die sechshundert Seiten hat, enthält Theologie für die Gemeinde. Man sollte es nicht einfach durchlesen. Die einzelnen Aufsätze wollen jeweils für sich genommen und bedacht werden. – Lesen Sie es selbst und schenken Sie es Ihrem Pastor oder einem Mitarbeiter Ihrer Gemeinde!“

Ron Kubsch schreibt in seiner ausführlichen Rezension: „Jeder Themenschwerpunkt entpuppt sich dem Leser schnell als Schatzkammer. So werden nahezu alle, die selbst im Verkündigungsdienst stehen, von Zahns erstaunlichen seelsorgerlichen Einblicken profitieren, so wie sie im Aufsatz ‚Empfindungen eines Predigers‘ niedergeschrieben sind. Exegeten werden überrascht sein von der Tiefe und Qualität der Schriftauslegungen. Zahns Bemerkungen zur Inspirationslehre sind originell, erhellen aber auch, warum historisch-kritisch lehrende Zeitgenossen wie der Bonner Alttestamentler Kamphausen vom ‚leider unzurechnungsfähigen Adolph Zahn‘ sprachen.“ (Die vollständige Rezension kann man unter Opens external link in new windowwww.bibelbund.de/htm/2002-1-71.htm downloaden.)

Als weiterer Vertreter des Martin Bucer Seminars, das die Veröffentlichung maßgeblich gefördert hat, meinte Titus Vogt: „Zahn schreibt erfrischend klar und deutlich – was für einen Autor des 19. Jahrhunderts durchaus nicht selbstverständlich ist –, so dass man das Buch auch noch am beginnenden 21. Jahrhundert mit großem Gewinn lesen kann. Was Zahn wichtig ist, kommt unmissverständlich zum Ausdruck, auch wenn er dafür – um nur ein Beispiel herauszugreifen – die theologische Kontroverse mit seinem ansonsten durchaus sehr geschätzten Vetter Theodor Zahn sucht, wie es z.B. in der Auseinandersetzung um die Inspirationslehre zum Ausdruck kommt, in der sich Adolph Zahn mit vielfachem zustimmenden Bezug auf Luther gegen seinen lutherischen Vetter wendet. Aber auch bei der Behandlung schwieriger Themen gelingt es Zahn, verständlich zu schreiben, ging es ihm doch nicht darum, Ruhm der etablierten Theologenzunft zu ernten, sondern eben im besten Sinn des Wortes ‚Theologie für die Gemeinde‘ zu schreiben.“

Adolph Zahn. Von Gottes Gnade und des Menschen Elend. Ein Querschnitt durch das Werk eines faszinierenden Verfechters einer vergessenen Theologie. Hg. von Wolf Christian Jaeschke, Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft, 2001 – 2. durchgesehene Auflage 2005.

Dokumente

BQ0017_01.pdf