Bonner Querschnitte 5/2005 Ausgabe 5

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Gutachten: Antidiskriminierungsgesetz stellt Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen dar

B o n n (14. März 2005) – Das geplante Antidiskriminierungsgesetz (ADG) stellt einen Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften dar. Zu diesem Schluß kommt ein gemeinsames Gutachten des Arbeitskreises für Religionsfreiheit der Evangelischen Allianz (AKREF) und des Martin Bucer Seminars (Bonn), das der Jurist Thomas Zimmermanns erstellt hat. Vor allem auf dem Gebiet des Arbeitsrechts, aber möglicherweise auch im Mietrecht sei mit Schwierigkeiten zu rechnen. So werde zwar im ADG geregelt, daß für Leiter, Verkündiger oder Lehrer von Religionsgemeinschaften die Religion eine wesentliche berufliche Anforderung sei und darum bei diesen Berufsgruppen nicht damit zu rechnen sei, daß christliche Kirchen zur Anstellung andersreligiöser oder religionsloser Verkündiger oder Leiter gezwungen werde. Aber vor allem für Freikirchen oder Gemeinschaften, unter Umständen auch für die katholische Kirche, die aus Glaubensgründen nur Männer für bestimmte Positionen wie zum Beispiel in der Verkündigung zulassen, könnte es Konflikte mit dem ADG geben. Überdies könnte man „bei Büroangestellten, Fahrern, Krankenschwestern und Küchenpersonal die Auffassung vertreten, daß diese bei einer Kirche als Arbeitgeber nicht anders als bei einem sonstigen Arbeitnehmer Arbeit zu verrichten haben, die in keiner Beziehung zu dem religiösen Selbstverständnis des Arbeitgebers steht“, so Zimmermanns in dem Gutachten.

Einen weiteren kritischen Bereich sieht das Gutachten im Mietrecht. Wenn Kirchen, aber noch mehr christliche Hausbesitzer ihre Wohnungen nur an Personen vermieten wollen, die sie als Christen kennen und darum andere Bewerber zurückweist, darunter auch solche, die zu denen im ADG genannten Gruppen gehören, könne es zu Schwierigkeiten mit dem ADG kommen. Zimmermanns: „Es ist bislang nicht klar, ob das Benachteiligungsverbot des ADG für Mietverträge auch bei privater Vermietung einer einzelnen (oder einiger weniger) Wohnung gilt.“

Mögliche Mißbräuche und Rechtsunsicherheit

Das Gutachten warnt vor der Gefahr eines möglichen Mißbrauchs des ADGs, indem beispielsweise Ansprüche wegen Diskriminierung geltend gemacht würden, ohne daß eine Diskriminierung vorliege. Begünstigt werde dies durch die Beweislastumkehr, indem ein möglicherweise Diskriminierter lediglich glaubhaft machen müsse, daß er benachteiligt worden sei. Weiter berge das ADG eine große Gefahr der Rechtsunsicherheit. „Eine ganze Anzahl von Bestimmungen sowie Teile der Systematik dieses Gesetzes sind in ihrem Verständnis unklar und mehrdeutig. Das bedeutet, daß der Bürger nicht mit Sicherheit weiß, welches Verhalten unzulässig ist und welches nicht.“

„Man muß Gott mehr gehorchen“

Zimmermanns empfiehlt Kirchen, Gemeinden sowie auch einzelnen Christen, die mit dem zukünftigen ADG aus Glaubens- und Gewissensgründen in Konflikt geraten - beispielsweise weil eine Kirche Schadensersatzleistungen erbringen müßte, weil sie einen Mitarbeiter nicht habe anstellen können oder sich z.B. ein Vermieter weigert, seine Wohnung einem homosexuellen Paar zu vermieten -, diese Ansprüche zu verweigern und gegebenenfalls nach erfolglosem Beschreiten des Rechtswegs, die entsprechenden Sanktionen auf sich zu nehmen. Denn es gelte der Grundsatz: „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen (Apg 5,29).“

Das Fazit der Studie: „Insgesamt ist das ADG das Musterbeispiel eines Gesetzes, in dem sich Ideologie über Recht und Sachverstand erhebt.“

AKREF-Vorsitzender Murdoch: Gutachten sorgfältig studieren

Der Vorsitzende des AKREF, Pfarrer Dr. Paul Murdoch, empfiehlt das Gutachten. „Die Bedenken, die schon bei der Vorlage der EU von der Europäischen Evangelischen Allianz vorgebracht und teilweise in dem Gesetz beachtet wurden, werden hier sachlich und deutlich aufgeführt.“ Alle, die sich mit dem ADG auseinandersetzten, vor allem im Interesse an der Wahrung der Religionsfreiheit, sollen dieses Gutachten sorgfältig studieren, so der AKREF-Vorsitzende.

Das Gutachten kann man als PDF-Datei mbstexte036.pdf [464 KB] kostenlos herunterladen.

Dokumente

bq0005_01.pdf