Bonner Querschnitte 18/2008 Ausgabe 70

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Evangelikale beschreiben ihr Verhältnis zur Demokratie

(Bonn, 27.06.2008) Das evangelikale Martin Bucer Seminar und der Verein „ProMundis e. V.“ (Bonn) haben in einer in Buchform erschienenen idea-Dokumentation das Verhältnis der Evangelikalen in Deutschland zur Demokratie dargestellt. Als Autor dafür wurde der Kölner Jurist Thomas Zimmermanns gewonnen. Dazu gab der Rektor des Martin Bucer Seminars, Thomas Schirrmacher, als Sprecher für Menschenrechte der Weltweiten Evangelischen Allianz international mit der Thematik befasst, folgende Erklärung ab:

Millionen überzeugte Christen haben sich in allen demokratischen Ländern als gute Staatsbürger erwiesen, die rechtsstaatliche Verhältnisse stützen und zugleich das demokratische Recht auf eine eigene Meinung gerne und gewaltlos in Anspruch nehmen. Zudem verteilen sich überzeugte Christen in vielen Fragen auf das gesamte politische Spektrum, denn nicht jede politische Entscheidung berührt zentrale ethische Grundsatzfragen und aus vielen ethischen Grundwerten folgt nicht automatisch eine bestimmte konkrete Umsetzung – wenn man etwa an das soziale Netz eines Staates denkt.

Gleichzeitig sind überzeugte Christen keine netten Mitläufer und Befehlsempfänger, sondern halten eine gesunde Distanz zu allen politischen Utopien und allzu optimistischen Sichtweisen, dass sich alle Probleme durch Politik lösen lassen. Zudem folgen sie einem Wertesystem, das außerhalb der Reichweite des einzelnen Staates liegt und handeln „in Verantwortung vor Gott und den Menschen“. Sie fühlen sich an ihr von Gottes Offenbarung her gebundenes Gewissen stärker gebunden, als an Mehrheiten oder die augenblickliche politische Faktenlage.

Diese Bindung an höhere Werte gilt selbst für die Demokratie. Historische Erfahrung lehrt, dass Demokratie besser als jede andere Staatsform Tyrannei, Menschenrechtsverletzungen und einen zu großen Machtmissbrauch verhindern kann. Ja, es gibt schwerwiegende christliche Gründe für die Gewaltenteilung, etwa, dass Christen immer von der Neigung des Menschen zum Bösen ausgehen und es deswegen für weise halten, dass kein Einzelner eine zu große Machtfülle erlangt. Zudem befürworten Christen, dass auch die Herrschenden dem Gesetz unterstehen, nicht selbst das Gesetz sind.

Aber Demokratie ist kein Selbstzweck in sich. Wenn die Demokratie keine höhere Werte mehr verteidigt, kann sie sich selbst abwählen. Man kann auch Massenmörder demokratisch wählen und Rassismus legal in Gesetzesform gießen. Zudem leben wir in einer Parteiendemokratie, so dass sich letztlich politische Auffassungen nur durch wenige Nadelöhre kanalisieren lassen. Die Macht der Parteien lässt oft die Macht des Volkes schrumpfen, ja kann sogar die eigentlichen Regierungsfunktionen marginalisieren. Auch das werden Christen bei aller Unterstützung der Demokratien, in denen sie leben, immer wieder kritisch zur Sprache bringen.

Ich bin Thomas Zimmermanns dankbar, dass er uns als theologisch bewanderter Jurist durch den Dschungel der Diskussion führt. Ging es in der idea-Dokumentation „Christ und Politik“ (2005) stärker um die grundsätzliche Berechtigung des politischen Einsatzes und seine praktische Umsetzung, geht es hier um den Versuch einer christlichen Bewertung der politischen Strukturen um uns her. Dabei ist er nicht parteipolitisch festgelegt, scheut sich aber auch nicht vor konkreten Aussagen und Festlegungen.

Thomas Zimmermanns hat sich bereits mehrfach als Autor im Umfeld unserer Thematik bewährt. Daneben liegen aktuelle MBS-Texte aus seiner Feder vor.



Bücher von Thomas Zimmermanns:

  • Demokratie aus christlicher Sicht (idea/VKW)
  • Ein Maulkorb für Christen? Juristen nehmen Stellung zum deutschen Antidiskriminierungsgesetz und ähnlichen Gesetzen in Europa und Australien (idea/VKW)
  • Grundriss der politischen Ethik: Eine Darstellung aus biblisch-reformatorischer Sicht (VKW)
  • Rechtsstaat Bundesrepublik – wohin? Christliches und humanistisches Menschenbild (VKW)
  • Meinungs- und Pressefreiheit (Hänssler)
  • Bezug der Bücher über den Buchhandel oder online unter Opens external link in new windowwww.genialebuecher.de

Downloads:

  • „Das neue Antidiskriminierungsgesetz: Was Christen davon zu erwarten haben“ (MBS-Text 71 – 2006 – eine Stellungnahme des Arbeitskreises für Religionsfreiheit der Deutschen Evangelischen Allianz zum Antidiskriminierungsgesetz)
  • Ernst Ludwig Gerlach: Politiker und Richter nach dem Gesetz Gottes“ (MBS-Text 90 – 2007)
  • Foto von Thomas Initiates file downloadZimmermanns
  • Foto von Thomas Initiates file downloadSchirrmacher
  • Cover "Demokratie aus christlicher Sicht" (Initiates file downloadjpg)

Dokumente

BQ0070_01.pdf