Bonner Querschnitte 15/2005 Ausgabe 15

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Ein Maulkorb für Christen?

Dokumentation warnt vor Missbrauch von Antidiskriminierungsgesetzen und Gesetzen gegen religiöse Hasspredigt

(W e t z l a r / B o n n, 20. Dezember 2005) – Deutsche und hochrangige ausländische Juristen haben darauf hingewiesen, dass Antidiskriminierungsgesetze und Gesetze gegen religiöse Hasspredigten die Toleranz in der Gesellschaft nicht fördern, sondern ihr schwer schaden können. Ihre Beiträge erscheinen in einer Dokumentation „Ein Maulkorb für Christen?“, die das Bonner Internationale Institut für Religionsfreiheit, die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte und idea gemeinsam herausgegeben haben. Wie die von dem Bonner Juristen Thomas Zimmermanns und dem Bonner Ethiker Thomas Schirrmacher herausgegebene Dokumentation zeigt, beweisen genügend Beispiele in Australien, dass die dortigen Gesetze das Gegenteil von dem bewirkten, was man beabsichtigt habe. So habe eine Hexe die Heilsarmee verklagt und der Templerorden führe einen Prozess gegen eine bekannte Kinderrechtsorganisation.

Patrick Parkinson, Professor und Dekan der Juristischen Fakutät der Universität von Sydney und Berater der australischen Regierung, warnt in seinem Beitrag davor, dass die Gesetze gegen religiöse Hasspredigt das Gegenteil von ihrem Anliegen bewirkten und eine Flut sinnloser Prozesse erzeugten. Er verweist auf eine Reihe bereits jetzt laufender Prozesse, in denen Anhänger einer Weltanschauung Anhänger anderer Weltanschauungen verklagten.

Paul Kearns, der an der Universität Manchester Rechstwissenschaft lehrt, engagiert sich seit längerem gegen die in Großbritannien geplanten Gesetze wider religiöse Hasspredigt. Christen würden durch diese Gesetze nicht geschützt, sondern in der öffentlichen Äußerung ihrer Glaubensüberzeugungen eingeschränkt, während religiöse, zum Beispiel islamistische, Prediger, die Gewalt predigten, durch die Gesetze kaum eingeschränkt würden, dafür aber nun gegen ihre Kritiker zu Felde ziehen könnten.

Auch der auf Immigrationsrecht spezialisierte Anwalt Mark Mullins, der betroffene Christen vor Gericht und bei Parlamentseingaben vertritt, warnt vor den unabsehbaren Folgen der als ‚Entschädigung’ für die durch die britischen Antiterrorgesetze betroffenen Muslime geplanten Gesetze.

Ausführlich nimmt Thomas Zimmermanns aus juristischer Sicht zu dem vom Bundestag bereits verabschiedeten Antidiskriminierungsgesetz Stellung, das bisher keine Gesetzeskraft erhielt, aber 2006 erneut formuliert und verabschiedet werden soll. Neben manch anderen juristischen Grundsatzbedenken sieht Zimmermanns akute Gefahren für die Religionsfreiheit in Deutschland, etwa wenn christliche Werke ihre Mitarbeiter nicht mehr auf ihre Glaubensgrundlagen verpflichten dürften.


Schirrmacher fordert Freikirchen und christliche Werke auf, ihre Grundwerte rechtlich verwertbar zu verankern
Bund der Gemeinde Gottes stellt sich dem geplanten Antidiskriminierungsgesetz

(F r i t z l a r / B o n n, 20. Dezember 2005) Auf einer Pastorenkonferenz des Freikrichlichen Bundes der Gemeinden Gottes in Fritzlar rief der Ethiker und Kulturanthropologe christliche Organisationen und freikirchliche Verbände dazu auf, im Hinblick auf kommende Probleme im Rahmen von Antidiskrimierungsfragen unmissverständlich in Verfassungen und Texten zu verankern, wie man zu zentralen ethischen Fragen stehe. Nur so könne vor Gericht nachgewiesen werden, dass diese Positionen tatsächlich zentraler Bestandteil der eigenen religiösen Überzeugung seien. Bis heute sei es vor Gericht oft schwierig, nachzuweisen, dass gewisse ethische Positionen oder grundlegende Lehren zu den zentralen Glaubensäußerungen der eigenen Glaubensgemeinschaften gehörten, da man sich untereinander oft einig sei, dies aber nie in einer verbindlichen und verfassungsgebenden Form festgeschrieben habe. So dürfte die Geschlechtsumwandlung eines Pastors weithin für unmöglich gehalten werden, in einem konkreten Fall sei es aber schwierig gewesen, nachzuweisen, dass dies mit dem Pastorenamt unvereinbar sei.

Die Freikirche hatte das Thema gewählt, um bei der Überarbeitung der Bundesverfassung die Empfehlungen des Arbeitskreises für Religionsfreiheit der Deutschen Evangelischen Allianz, deren Geschäftsführer Schirrmacher ist, zu berücksichtigen.

Im Freikirchlichen Bund der Gemeinde Gottes sind in Deutschland 30 Gemeinden mit etwa 3000 Gottesdienstbesuchern zusammengefasst. Vorsitzender ist Pastor Klaus Kröger (Braunschweig). 1894 entstand der FBGG als deutscher Zweig der weltweiten Gemeinde Gottes (Church of God Anderson). Dieser ist in etwa 90 Ländern vertreten und zählt derzeit rund 1,5 Millionen Gottesdienstbesucher.



Stellungnahme des AKREF-Vorsitzenden zu „Ein Malkorb für Christen?“

Dr. Murdoch begrüßt „dieses geballte Wissen“ zu Antidiskriminerungsgesetzen

(S a c h s e n h e i m / B o n n, 20. Dezember 2005) Heute erhielt ich ein erstes Exemplar des brisanten und äußerst wichtigen Buchs „Ein Maulkorb für Christen? - Juristen nehmen Stellung zum deutschen Antidiskriminierungsgesetz und ähnlichen Gesetzen in Europa und Australien“. Ich freue mich außerordentlich, dass dieses geballte Wissen nun jedermann zur Verfügung steht. Schonungslos decken die Autoren Skandalträchtiges an gesetzgeberischen Tendenzen der nachchristlichen Gesellschaft auf.

Kann es sein, dass Europa sich damit begnügt, was Werte und Überzeugungen betrifft, sich nur auf dem geringsten gemeinsamen Nenner zu treffen?

Soll es wirklich verboten werden, eine Meinung über gut und böse zu haben? Soll es einen Maulkorb für Christen geben, die Bußpredigt unter Strafe gestellt und die Ermahnung zur Umkehr nicht erlaubt sein? Ist es wirklich so, dass Menschen neben der Freiheit, sich zu verwirklichen, auch die Freiheit genießen müssen, vor den Konsequenzen ihrer Wahl gewarnt zu werden? Hat es sich schon durchgesetzt, dass in Europa als die einzige absolute Wahrheit gilt, dass es keine absolute Wahrheit gibt?

Der Untergang des Abendlandes wurde schon durch Oswald Spengler vor fast 100 Jahren konstatiert. Es scheint nun tatsächlich mit dem Abendland und seinen Wertvorstellungen vorbei zu sein. Dieses Buch in der Hand dokumentiert einen kritischen Scheideweg in unserer gesellschaftlichen Entwicklung und Gesetzgebung. Selber saß ich in den Rängen des Bundestages als der Abgeordnete der Grünen Volker Beck das Antidiskriminierungsgesetz vor der Plenarsitzung ankündigte. Ich hatte damals große Hoffnungen, dass dieses angekündigte Gesetz zu einer Verfestigung und Stärkung der Religionsfreiheit in Deutschland führen würde. Meine Hoffnungen wurden nicht erfüllt, im Gegenteil! Mit großer Besorgnis sehe ich der Zukunft unter diesem Gesetz entgegen! Haben wir uns im Arbeitskreis für Religionsfreiheit der Deutschen Evangelischen Allianz bislang mehr für die Religionsfreiheit in anderen Erdteilen einsetzen müssen, werden wir neuerdings immer mehr mit Problemen der Unterdrückung des grundlegenden Menschenrechts der freien Ausübung der Religion hier in Europa beschäftigt.

Mit diesem Buch geht gleichzeitig die erste Veröffentlichung des neu gegründeten Internationalen Instituts für Religionsfreiheit der Weltweiten Evangelischen Allianz (IIRF - International Institute for Religious Freedom) mit Sitz in Bonn in Druck. Als Vorstandsvorsitzender des IIRF und als Vorsitzender des Arbeitskreises Religionsfreiheit der DEA (AKREF) bin ich allen, die dazu beigetragen haben, dieses wichtige Buch an die Öffentlichkeit zu bringen, von Herzen dankbar.

Pfr. Dr. Paul C. Murdoch

 

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